Ich will doch nur noch nach Hause!
1276km. Das war die Länge unserer letzten Etappe. An einem Stück. Nur mit Mittagspause und einem Stopp zum Abendessen. Stau hatten wir erst so richtig in Deutschland nach besagter abendlicher Essenszufuhr. Also eigentlich ging es ganz gut vorran. Abfahrt etwas verspätet um 10h, geplante Ankunft zwischen 0h und 1h Nachts. Akzeptabel, aber auch richtig anstrengend. Durch besagten Stau war es dann kurz vor 1h als wir in München ankamen. Erst Helmut und Helmuts Sachen ausladen. Dann weiter zu Luke, Lukes Sachen und Luke ausladen.
1:07, ungefähr. Und mein einziger Gedanke galt dem baldigen wohlfühlenden Gefühls im Bett zu liegen. Die Fahrerei im Transporter ist nicht gerade bequem und somit auch Beifahren recht anstrengend. Bett ist also zu recht wirklich der einzig wahre zählende Gedanke den es sich lohnt nachzugehen. Noch ein letztes bisschen Konzentration um den Transporter heimzufahren. Auf die Überlänge aufpassen! Nicht zu schnell fahren! Rote Ampeln! Nachtradfahrer! Immerzu aufpassen… Erst vor zum mittleren Ring, runter durch den Tunnel und gleich wieder raus zur A94. Vorsichtig um die Kurve, ein letztes Mal an der Ampel stehen bleiben. UND DANN, dann kommt ja die Autobahn. Tempomat-Wunderland. Nur noch auf die Spur achten. Immerzu gerade aus. Ja, der Teil wird angenehm. Aber das war wohl nur ein frommer Wunsch. Es sollte erstmal nichts werden mit der Autobahn. Tempomat-Wunderland musste noch warten. Und auf Spur achten wurde durch anderes ersetzt. Ich kann es nur unheimlich gemein nennen.
Ich will doch nur noch nach Hause!
Etwa bei Kilometer 1250 wurde dieses äußerst zielstrebige Ziel jäh unterbrochen. All die Kilometer durch Frankreich, tagszuvor durch Spanien und über die Pyrenäen, all das bisschen Stau in Deutschland, alle Bausstellen und alle langsamen LKWs auf Landstraßen mit Überholverbot, all das bringte jetzt rein gar nix mehr. 25km vor dem Ziel kam es zum ungeplanten Stop. Aus dem Nichts und so plötzlich dass ich gar nicht so richtig wusste was da gerade passiert.
Ich will doch nur noch nach Hause!
Es war allerdings auch ein bisschen ein Gefühl von Heimat. Fast schon ein bisschen sentimental könnte man werden. Und all die schönen Erinnerungen kamen wieder hoch. In den letzten Jahren hatte ich mich etwas vernachlässigt gefühlt. Die zuvor gewohnte Beachtung hatte mir gefehlt. Traurig wäre übertrieben gewesen, aber ein bisschen beleidigt war ich fast schon. Aber damit war nun Schluss. Endlich war es wieder soweit. Vom Timing her gewohnt ungünstig. Gewohnt unerwartet. Gewohnt etwas nervig. Und gewohnt alles irgendwie machbar. Nur eben nach diesen 1250km und 15h Autofahren wirklich etwas unnötig.
Ich will doch nur noch nach Hause!
Dieser eine Gedanke pochte jeden Herzschlag mit in meinem Kopf. Er hielt mich wach und fokussiert. Es war nicht ganz einfach und dann kam eben das. Auf dem Weg zur A94, nach der letzten Ampel, nach der Tankstelle, nachdem die Spur aus dem Tunnel dazukam. Danach ist es passiert. Ein freundliches – es war dunkel und ich konnte es nicht genau sehen, aber ich denke es war freundlich – Winken brachte mich dazu etwas langsamer zu werden. Also nichts mit Beschleunigen auf die Autobahn. Stattdessen eben langsamer werden. Hin zur winkenden Person. Auf Grund all der Freundlichkeit kann man nicht anders als spontan zu parken.
Parken, aber ich will doch nur noch nach Hause!
Ja, es war eine Polizeikontrolle. Und nach all den Jahren des vernachlässigens – es lag ja angeblich nie am Auto – wurden keine Kosten und Mühen gescheut. Die ganze Autobahn absperren, jeden Fragen, besondere Menschen in ein persönlicheres Gespräch vermitteln. Wunderschön, aber fast ein bisschen übertrieben. Es war wohl ein bisschen das schlechte Gewissen das sie da plagte. Und so war es auch ein nettes Gespräch was auf die nette Einparkhilfe folgte. Standards wie Führerschein und Papiere waren etwas eingerostet. Mietwagen halt. Aber nach etwas Kruschen war auch das gefunden. Amüsant war noch die Frage dass das wohl der falsche Führerschein sei. »Ist meiner«. »Sie sollten ihn ändern«. Sache abgehakt. Weiter zu Verbandskasten und Warndreieck. Jaa, ääähm, Mietwagen, äääähm. Wir suchen mal gemeinsam 🙂 wie gesagt ein sehr freundliches Gespräch zu so später Stunde.
Aber ich will doch nur noch nach Hause!
Davor kam natürlich noch die Frage nach dem Inhalt des Laderaums. Ja, öhm. Also wir waren im Urlaub. In Spanien. Meine Mitfahrer habe ich eben zu Hause abgeliefert. Natürlich können sie mal reinschauen. Ich öffne mal die Seitentüre. Danach stille des sonst so gesprächigen Beamten. Eine gewisse Ratlosigkeit machte sich in den Gesichtszügen breit. Damit hatte er zu später Stunde wohl nicht gerechnet. Aus verkehrstechnischen Gründen wollte er hinten alleine reinschauen – das Heck stand zur Autobahn. Bestimmt ein Minute stand er da und versuchte zu erfassen was er da vor sich sah. Und bei mir machte sich etwas Nervösität breit.
Ich will doch nur noch nach Hause!
Und das durfte ich auch. Ladeinhalt war ihm wohl zu viel um sich genauer damit zu beschäftigen. Insgesamt 15 Minuten später durfte ich dann endlich auf die Autobahn. Der andere Verkehr wurde extra angehalten und ich konnte gemütlich ausparken. Kurz vor zwei war ich dann daheim.
Und endlich war ich zu Hause.