10 Tage Normalität

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Ja, es ist wieder soweit! Wir fahren wieder zu einem Burn. Nowhere um genau zu sein. Und während Burning Man mit Black Rock City unsere Großstadt ist, ist Nowhere unser kleines Dorf in dem jeder jeden kennt. Ein Stück Familie voller schöner Wiedersehen. Zuvor müssen wir aber erstmal hinkommen. Zwischen uns und Nowhere hat der Kontinent nämlich über 1500km hingezaubert. In München und Umgebung alles einpacken, umpacken, schlafen und losfahren. Diese ersten ca. 1200km führen uns an einem Stück zu alten Bekannten. Sebastian kannten wir schon aus den letzten Jahren. Aber dass dieser Sebastian in der Camp-Facebook-Gruppe auch dieser Sebastian ist wurde uns (mir) erst klar als er uns mitten im ländlichen Frankreich in seiner Einfahrt begrüßte. Eine erste schöne Überraschung. Hinzu noch Tünde und Stephan aus dem schönen Österreich und die ersten Campmembers waren zusammen.

Ein Tag Pause mit der Fahrerei um einzukaufen (dabei etwas französisch Kenntnisse im McDonalds vermissen) und mehr einzupacken, bevor es wieder weiter ging. Mitten durch die Pyrenäen haben wir unseren schwer bepackten Transporter geschlängelt. Schöne Aussichten und an Skigebieten vorbei. Die Strecke kann sich trotz aller Schönheit ziemlich in die Länge ziehen, und besonders wenn man es kaum erwarten kann nach Hause zu kommen. Diskussionen wie Lleida nun ausgesprochen wird und warum da manchmal Lerida steht hat da auch nicht geholfen. Höchstens um ein kleinen Umweg zu fahren vor lauter Plapperei. Kurz vor unserem Ziel gab es nochmal Eis zur Kühlung und am Samstag um ca. 16:02 waren wir endlich da. Zuhause. Auf der Playa. Die ersten staubigen Hugs. Liebevoll drückende Hitze und ein Stück Wüstenboden der nur darauf wartete mit mehr Leben gefüllt zu werden. Unseren neuen Palast mussten wir erst nochmal üben aufzustellen. Und der gepresste Boden – so hart wie Beton – hat die Sache nicht leichter gemacht. Wenige Stunden später fühlten wir uns aber bereits angekommen. Der Lukezug sorgte für die erste spontane Party und die üblichen Verdächtigen konnten wir auch schnell mit den ersten kalten Augustiner begrüßen. Für manche ging es dann schon bis um 4h Nachts. Ein wohl gelungener Einklang um in den nächsten Tagen den Rest des Camps und die Kunstprojekte aufzubauen.

Mit der Zeit ist dann auch die restliche Familie mit neuen und alten Mitgliedern eingetroffen. Es gibt wohl nichts schöneres als eine Burner-Begrüßung nach so vielen Monaten des lediglich virtuellen Kontakts. Allerdings wohl auch nichts ernüchterndes als um halb eins Nachts die Luftmatratze nicht zu finden. 😉 Der Boden ist halt hart und das ist keine Übertreibung! Zum Glück haben wir zum aufbauen von stabilen Dingen einen Erdbohrer. Der geht zwar nur mit Muskelkraft, aber immerhin macht das Ding Löcher tief genug um Sturmfeste Schatten zu bauen. Und auch unser Kunstprojekt wäre sonst nicht so stabil gestanden. Apropos Kunstprojekt, es gibt nichts schöneres als das Gefühl zu sehen wie andere es benutzen, sie dabei Lachen und sich freuen. Der Höhepunkt war als ich miterleben durfte wie sich zwei Liebe Menschen vor unserem Würfel und zwischen unseren Herzen verlobt hatten. Spätestens dann war es einmal wieder glasklar, das ist was ich machen möchte. Das ist worin ich meine Energie stecken möchte. Ich möchte Dinge und Erlebnisse kreieren die anderen eine Freude machen. Die sie berühren und ihren Tag verschönern. Ich möchte das Strahlen in ihren Augen sehen können, mich mit ihnen zusammen freuen und dadurch mehr zurückbekommen als irgendwie anders möglich wäre.

Nach dem Aufbau sollte nichts anderes als der Rest der 10 Tage dieser, unserer Normalität folgen. Luke und ich haben Nowhere dazwischen nicht verlassen. Erst als es am Montag Abend schweren Herzens wieder in Richtung Heimat ging. Die Zeit dazwischen war bezaubernd, aufregend, voller Emotionen, transformativer Erkenntnisse, Schnitzelmassakern, Liebe, tiefen Gedanken, befreiendem Tanzen, atemberaubenden Sonnenauf- und -untergängen… Wie üblich trifft das nur einen Bruchteil dessen was jeder von uns für sich und gemeinsam erlebt hat. Ich nenne es eben gern »Normalität«, weil wenn das nicht »normal« wäre, dann wäre das doch viel zu schade. Jetzt sind wir wieder auf dem Weg zurück in das was uns der Alltag als normal vertäuscht. Vielleicht wirken wir jetzt etwas verrückt für andere. Aber mal ehrlich, sind es wirklich wir? 😉

Ich liebe den Sand ein bisschen. Auch dann wenn er überall an einem ist, überall im Zelt, im Gepäck und an den Klamotten. Wirklich, ich komme damit super klar. Es ist ja auch kein Dreck, es ist doch nur natürlicher Sonnenschutz. Aber um in der »Zivilisation« dann ein paar fragende Blicke weniger entgegenzublicken und nichts überall eine Spur zu hinterlassen ging es dann doch in die wohlverdiente Dusche. Ok, ich liebe den staubigen Dreck. Aber hey, 20 Minuten Duschen später bin ich genauso glücklich *g. Erst einfach nur mit Wasser bis nach einigen Minuten das Wasser klar ist. Dann Shampoo ins Haar und der sonst weiße Wannenboden färbt sich wieder in heimatliche Farbe. Die vermeintlich angeeignete Bräune am eigenen Körper schwindet wieder zugunsten von blasseren Tönen. Und nachdem man die gut geschützen Klamotten für den Afterburn befreit und angezogen hat ist es dann doch ganz angenehm 🙂 Fertig geputzt für die böse Welt da draußen ging es wieder zurück über die Pyrenäen zu Sebastian und seiner bezaubernden Familie. Ich hoffe wir kommen nächstes Jahr wieder vorbei und können sehen wie sich die kleine weiterentwickelt hat. Aktuell kann man ihr jedenfalls keinen Wunsch abschlagen.

Wir für unseren Teil sitzen gerade im Auto, irgendwo in Frankreich und bringen unsere 1200km Tagesetappe hinter uns.

Dusty Hugs und bis bald
.mephy