Lloret de Mar und soziale Experimente
Der Weg zur Costa Brava war wenig spektakulär. Nach unserer Nacht in Aix en Provence, ging’s zeitig los. Weiter los nach Süden auf der Suche nach dem Mittelmeer. Zwar fährt man eigentlich mehrere Hundert Kilometer am Meer entlang, aber die Autobahn verläuft ein paar Kilometer im Landesinneren. Also nix mit Meer, sondern Felder. Nicht mal Berge sondern Flachland. Nicht mal Seen, sondern vergleichsweise Langeweile. Aber das wirkt vielleicht nur so wenn man zuvor von Italien nach Frankreich die Küste mit Bergen und Meer Gefahren ist.
Dafür ist die Straße auch gerade und wir schneller am Ziel. Denn heute ist ja noch so ein kleines Ereignis: EM-Halbfinale Deutschland gegen Italien. Und klar wisst ihr alle jetzt wie es ausgegangen ist. Aber eben nicht wir an diesem heißen spanischen Nachmittag. Also, Wohnwagen aufstellen, das erste mal auch das Vorzelt-Sonnendach-Dings. Grillen, Essen und Fangrundauststattung.
Wir sind an der Costa Brava, genauer gesagt Lloret de Mar. Touri-Extrem. Und zu dem Zeitpunkt versucht sich die kommende akademische Elite das Hirnwegzuballern. Sprich der Ort ist voller Abi-Abschluss-Feier-Menschen die mit Alkohol versuchen das zu eliminieren, das sie die letzten Jahre mühevoll gelernt hatten. Um dem ein bisschen gegenzusteuern bzw auszugleichen, gibt es einen schlauen TUI-Mitarbeiter, vielleicht auch einen bei Neckermann oder beim Reisebüro um die Ecke. Entweder mit einfach viel Humor oder nur einer kleinen sarkastischen Ader. Jedenfalls gibt es jemanden der mit welcher Motivation auch immer das vermeintliche Gegenteil zu diesen Abi-Kids an die spanische Mittelmeerküste schickt. Wobei der Unterschied nur ein ganz kleiner ist. Die einen sind so weil sie zu viel getrunken hatten, die andern sind so, weil so sind wie sie sind.
Und wir mittendrin auf dem Weg zum Halbfinale. Bzw. Unserer Meinung zu diesem Punkt nur ein Zwischenschritt auf dem Weg zum Finale. Mal ehrlich so wie wir gegen Griechenland gefeiert und gespielt haben, war das doch echt keine Frage. Und nicht nur nicht für uns, auch nicht für unsere Proleten vom Tisch nebenan. Ich hab ja echt nix dagegen Fan sein eigenen Landes zu sein, aber alles kann übertrieben werden. Und das passiert dann, wenn man nicht mit den Italiener zusammen das Spiel anschauen kann. Wenn man komisch angeschaut wird wenn man dem italienischen Tisch zuprostet – sogar schon vor dem Spiel. Und wir haben das auch noch nach dem Spiel gemacht, als unsere Proletenfreunde feststellen mussten, dass man auch verlieren kann. Und denen hätte ich es auch irgendwie nicht gegönnt einen Sieg zu feiern. Wenn man nicht die eigene Mannschaft anfeuert sondern, ausschließlich die anderen schlecht macht ist das einfach niveaulose Scheiße.
Aber was will ich mich beschweren? Wir sind ja freiwillig nach Lloret de Mar gefahren. Was will man da anderes erwarten.
Gefällt mir. Scheitern zu können ist das Eine. Aber die Fähigkeit, anderen ihre Erfolge aufrichtig zu gönnen, wird das eigene Leben erst zum Erfolg machen.