auch wir merken nichts
Letztends in der Sbahn nach München hab ich etwas sehr Interresantes beobachtet. Für den Betrachter/Zuseher irgendwie komisch, auch wenn die Protargonisten sich weder kennen, noch etwas davon mitbekommen haben.
Als ich eingestiegen bin, saß gegenüber von mir eine Frau. Sagen wir mal sie war kräftig gebaut. Das ist nicht bös gemeint, sie war halt einfach dick. Und dessen war sie sich auch bewusst. Wir erkennen das, als Beobachter des Ganzen, daran dass sie ein Buch übers Abnehmen las. Wahrscheinlich irgendeine tolle, neue Diät.. auf alle Fälle etwas Ernsthaftes. Der Titel fällt mir nicht mehr ein, muss aber etwas wie »Schlank werden leichtgemacht« gewesen sein. Halten wir noch fest, das die gute Frau den Sitz recht gut in Beschlag genommen hatte.
Eine Station später, die Fahrt bis dahin war lang genug um sich der Ernsthaftigkeit ihres Vorhabens sicher zu sein, stieg eine zweite Frau ein. Ein Geschäftsfrau, nicht unbedingt vom Aussehen oder was sie anhatte, vielmehr dadurch dass sie sehr geschäftig war. Kaum eingestiegen holte sie das Handy raus und fing an zu wählen. Wer am anderen Ende war können wir nur erraten. Dem Gespräch zufolge aber jemand geschäftliches, denn es wurde darüber geredet was heute so alles zu tun sei, und wie’s im Allgemeinen so läuft. Im Laufe des Gesprächs wurde allerdings auch klar, dass sie mit dem Gesprächspartner gut befreundet ist. Vielleicht nicht die beste Freundin, aber eine sehr Gute. Der Vollständigkeit halber müssen wir erwähnen, das sie recht dünn war und somit aussreichend Platz neben unserer ersten, ins Lesen vertiefte, Protargonistin hatte.
Ich bin mir ziemlich sicher dass die beiden die Existenz des anderen nicht im Geringsten registriert haben. Unser lesendes Mobbelchen und das etwas dünne Businessgirl wären eigentlich auch nicht weiter aufgefallen. Eine Konstellation wie sie jeden Tag in den sBahnen zu sehen ist. Interessant wurde es erst als das Thema unserer Telefonistin sich änderte. Plötzlich ging es ums Gewicht.
Die Lesende merkte nichts.
Unsere Telefonistin fängt an sich zu beklagen. Typisch für Frau (ja ein Vorurteil) wäre gewesen dass sie sich trotz des dünnen Allgemeinen, für zu dick hält. Nicht aber Businessgirl, sie beschwert sich darüber dass sie abgenommen hat.
Die Lesende merkte nichts.
Nein, sie steigert sich sogar. Sie erzählt (über mehrere Minuten) ihrer (inzwischen sind wir uns sicher, dass es die beste ist) Freundin, dass sie es trotz eifrigen Versuchen, nicht schafft zuzunehmen. Seit Wochen!
Die Lesende merkte nichts, nur wir können uns einem leichten Grinsen nicht mehr verwehren. Wie fies kann der Zufall sein? Sicher wärs gemeiner gewesen, die Lesende von der Telefonierenden wissen zu lassen. Aber die Beobachtung des Ganzen lässt uns doch vermuten dass es uns genauso geht. Auch wir bekommen nicht mit was um uns geschieht. Auch wir sind viel zu sehr mit uns beschäftigt um das Unmittelbare um uns herum wahrzunehmen. Vielleicht sitzt morgen in der Sbahn, ohne das wir es merken, die Lösung unserer Probleme neben uns. Oder der Grund unserer Probleme. Oder unser(e) Seelenverwante(r) . Oder unser Todfeind. Oder wer auch immer…
Wissen werden wir es nie, denn unsere Blickfeld ist zu sehr eingeengt, in einer von Egoismus geprägten Welt…
-+> da kfp
ps: ob sich unsere Protargonisten öfters gegenüber sitzen?