Tales of the Burning Man – Unbeschreiblich
Info: Auch wenn ich immer noch der Meinung bin, dass es sich nicht beschreiben lässt, hier ein Versuch der einen Hauch dessen vermittelt:
Die Unschuld war mit einem Gong Schlag wenige Minuten zuvor vorüber, verloren, vergangen und hinter uns gelassen, als wir uns langsam einen Weg durch die Dunkelheit suchten. Entlang der Uhrzeiten hin rückwärts Richtung Mitternacht. Noch ist es Einsamkeit die uns umgibt. Einsamkeit die auch hier am äußeren Ende nicht lange Bestand haben wird. So weit raus werden wir uns die nächsten Tage nicht oft wagen, oder es einfach nicht schaffen. At 2:30 sind wir eingebogen und haben uns langsam das Alphabet vorgearbeitet in Richtung A. Immer mehr gibt es zu sehen und doch ist es noch ein nur all zu kleiner Vorgeschmack auf das was uns erwarten wird.
Unser Ziel ist unsere neue Heimat in der ersten Reihe. Alte Adressen interessieren jetzt nicht mehr. Uhren verlieren ihre Bedeutung und die Frage nach der aktuellen Zeit gewinnt eine ganz andere. Etwa 2:15, vielleicht 2:16 sollte es werden, ganz vorne an der Esplanade. Als wir uns dieser näherten und einen ersten Blick Richtung Zentrum werfen konnten stockte der Atem und ein Kribbeln überflog den ganzen Körper. Die stockfinstere Nacht, oben nur vom Sternenhimmel beleuchtet, wurde unten von unzähligen Lichtern erleuchtet. So weit das Auge reichte funkelte es in allen Farben des Regenbogens. Es funkelte und bewegte sich. Überall stießen von Zeit zu Zeit Feuerfontänen empor, Laser teilten den Himmel meilenweit und vermochten sogar die Uhrzeit anzeigen.
In der Mitte, dem Zentrum von all diesem märchenhaften Objekten stand er, der Man. Leuchtend stand er da um uns bis zu seinem Fall den Weg zu leuchten. Durch ihn würden wir uns die nächste Zeit durch dichten Staub und tiefe Dunkelheit navigieren. Würden wir unser Ziel oder unser Zuhause finden. Nur eines, häufig von außen übersehene konnte, ihn noch übertreffen. Es war von unheimlicher Pracht und Schönheit die nur durch die eigene Bedeutung übertroffen wurde. Verliehen wurde sie von Tausenden Besuchern die ihre Gedanken, Ängste, Hoffnungen und Erinnerungen hinterließen. Der Tempel überragte alles was man am Horizont um sich herum erkennen konnte, und das zu Recht.
All das und noch vieles mehr, ist was wir unbewusst im ersten Moment spürten als unsere Blicke voller Staunen unsere Umgebung aufsaugten. Vieles mehr lag noch vor uns zu entdecken und zu erfahren. Es dauert nicht lang bis man einfach loslassen kann. Loslassen von all den Zwängen die man sich sonst Tag für Tag ergibt. Die Zwänge die uns zu etwas machen, dass wir eigentlich nie sein wollten: Marionetten unserer Ängste und der Erwartungen Anderer an uns. Aber hier sollte es plötzlich anders werden. Als hätte jemand uns endlich von den Marionettenschnüren befreit, fing man an die Freiheit zu spüren. Sich selbst zu sein ohne sich gerade darüber zu sorgen. Die Wärme in der ein jeder einzelne den anderen empfing ist unbeschreiblich und lässt einen schnell die Kälte der Nacht vergessen.
In der Tiefe der Playa, unter der gleisenden wärmenden der Sonne würde man Zeit finden, sich zu finden und es zu genießen. Außerhalb dieses Ortes sonst wildfremde Menschen würden dich einfach so herzlich umarmen als hättest du einen alten Freund nach Jahren wieder gefunden. Glück ist das Gefühl dass dem anfänglichen Staunen folgt. Glück und tiefe innere Zufriedenheit begleitet einen die Tage durch die Wüste. Sei es zu meilenweit abgelegenen Kunstwerken, die dich in ihrer einsamen Schönheit in den Bann ziehen, die Kreativität der Menschen in der sie einzigartige Artcars bauten oder wenn du dich in einer Menschenmaße verlierst die zu donnernden Bässen feiert.
Die Parties sind spektakulär, aber der wahre Schatz liegt in den kleinen Dingen die man jede Sekunde zu entdecken vermag. Sie sind zu finden in den Menschen denen man begegnet und von ihren Lebensgeschichten die sie nur all zu gern mit dir Teilen. Sie sind zu finden in der offenen Neugier mit der sie dir lauschen wenn du deine eigenen Erfahrungen mit ihnen teilst. Die kleinen Camps mit Kaberetvorträgen, spontanen Gesangseinlagen, Treffen von Gleichgesinnten jeglichen Themas sind die Juwelen die zu finden sind. So viele an der Zahl, dass es unmöglich ist alles zu entdecken und zu jedem beliebigen Moment würde man etwas verpassen. Aber etwas zu verpassen ist nicht mehr in unserer Gedankenwelt, zu viel erleben wir bereits und das Gefühl der Zufriedenheit und inneren Ausgeglichenheit wird die ganze Zeit in der Wüste Bestand haben.
Überall werden kleine und große Geschenke geteilt. Keine Werbung. Nicht um etwas zu bekommen. Einfach um jemanden eine Freude zu machen. Und nichts verliert so schnell an Bedeutung wie dass sonst alles beherrschende Geld. Es nicht mehr von Nöten. Egal wo man sich auch befindet, und sei es einen Stunde Fußmarsch von zu Hause, es ist immer ein Drink eine Frage, oder eine Kleinigkeit zum Essen ein Angebot weit entfernt. Es ist das Gefühl von Zusammenhalt, von Zusammengehörigkeit, einer Gemeinschaft die auf einander aufpasst. Ein Spirit der sich über die Playa legt und für das ständige Wohlgefühl sorgt. 59.999 andere spüren zur gleichen Zeit das selbe wie man selbst und nichts davon ist in Frage zu stellen.
Die Tage gehen ineinander über und einzig der Wasserstand des Tanks zeigt uns dass die Zeit langsam verstreicht. Es ist bei weitem weniger anstrengend als gedacht und wir fühlen uns in jedem Moment besser als sonst wo auf dieser Welt. Vor allem als nach ein paar Tagen auf normalen Festivals. Wir würden länger bleiben, da sind sich alle einig. Doch die Tage der großen Feuer rücken im näher und kündigen das traurige Ende an. Seien es die zwölf inneren Kunstwerke, das trojanische Pferd oder das vermeintliche Highlight: The Man Burn. Sie werden gefeiert und mit frenetischen Jubel wird der Fall jeder einzelner gewürdigt. Eine beigeisterte Menge umgeben von fabelartigen Artcars umgibt jedes einzelne Feuer. Fahrende Sofas, feuerspuckende Köpfe, unzählige Schiffe bis hin zur Größe von Dreimastern, Fische und unzählige andere Gefährte von fantastischer Kreativität hatten die Ebene mit Leben gefüllt und werden es bis zum letzten Moment tun. Sie werden etwas zielloser durch die Playa fahren, sobald the Man gefallen ist. Orientierungslos beschallen sie weiter die vorbeiziehenden Menschen mit Musik oder nehmen sie mit auf eine Reise durch den Sand.
Es war laut und voller ausgelassenem Jubel als er, der Namensgeber, er, the Man, gefallen ist. Doch das eigentliche Highlight sollte erst noch folgen. Nicht um sonst wird jeder bedauert der früher fahren muss und jeder verpönt der absichtlich vorher verschwindet. Über die letzten Tage haben sich unzählige Nachrichten, Fotos und Objekte am Tempel zusammengefunden. Schmerzhafte Erinnerungen, vermisst und geliebte Menschen, Hoffnungen an die Zukunft und vieles mehr wurden am Tempel zusammen getragen. Auch er wird angezündet werden und All das mit sich nehmen. Es kommt die Zeit loszulassen und sich von alter Last zu befreien. Ein Moment absoluter Stille wird die Playa erfüllen wenn die Tempelwächter ihn bedachtvoll und ohne Knall anzünden. Auch die letzten Laserpointerkids werden dem Aufruf der sonst stillen Menge folgen. Wenn sie, die zu Tausenden gekommen sind um inne zu halten im Einklang fordern »Lasers off, Lasers off«. Und dann bleibt nur noch das Knistern des brennenden Holzes wie es langsam all die kleinen Hinterlassenschaften in einer rießigen Rauchwolke gen Himmel steigen lässt. Befreiung von all der Last durchläuft die Reihen der zusehenden. Die enorme Hitze trocknet jegliche Tränen die sich zuvor ihren Weg nach außen bahnten. Kurze Jubelschreie der Befreiung durchbrechen nur kurz die Stille bis auch die letzte Wand gefallen ist. Und dann spürt man die Erleichterung aller und teilt sie mit inniger Umarmung.
Danach bahnt sich die Stille über die Playa.. Es werden weniger Parties und am nächsten Tag werden wir abbauen, zusammenpacken und abreisen. Aber vergessen was wir erlebt hatten werden wir nie. Auch wenn wir immer noch wir sind, sind wir auch anders als zuvor. Wir hoffen das nächste mal wieder dabei zu sein, dass steht fest. Wer möchte nicht an einen Ort voller so viel Liebe und Frieden…
Damit ist allerdings nur ein zarter Hauch von dem beschrieben was Burning Man zu etwas derartig besonderem macht, dass es keiner vermochte mit bisher erlebten zu vergleichen. Meine Fähigkeiten es zu beschreiben reichen für mehr nicht aus. Außer vielleicht das Lächeln das sich über mein Gesicht legt wenn ich daran denke…
.Pete