Silvester in Mandalay — 31.12.2015
Nach knappen zwei Tagen Yangon, geht es heute weiter nach Mandalay. Wir fliegen mal wieder, und das nach den jüngsten Erfahrungen mit einem guten Stück Skepsis. Bevor wir zum Flughafen müssen, bleiben uns aber noch ein paar Stunden, um die Märkte zu durchstöbern.
Nachdem wir das Gepäck an der Rezeption abgegeben und etwas Frühstück in der Nachbarschaft besorgt hatten, ging es rein in das schon fast gewohnte Getümmel der Stadt. Vor zwei Tagen hatten wir noch einen kleinen Kulturschock bekommen, jetzt war es fast schon normal sich durch die vollgestopften Gehwege zu kämpfen — vorbei an verschiedenen Vierteln und Straßen. Der Verkäufer mit den Bohrmaschinen neben dem mit den Ketten in allen Längen und Dicken. Wenn man was Derartiges bräuchte, man würde es sicherlich finden. Wir für unseren Teil waren auf der Suche nach Mückenschutz. Vergeblich sind wir in jedem apothekenähnlichen Laden gerannt, um etwas zu finden. Dass das hier niemand braucht und nutzt, war uns dabei schnell klar. Vielleicht ja in nem Supermarkt, die gibt es schon auch ab und zu. Haben aber nichts mit dem zu tun, was wir zu Hause inzwischen darunter verstehen. Der bessere Vergleich sind vermutlich die jetzt verschwundenen Schleckerfilialen, nur mit mehr Auswahl und noch etwas verwinkelter.
Das Naviapp war fest der Überzeugung an dieser einen Ecke gäbe es einen. Gefunden haben wir ihn aber trotzdem nicht. Und der klimatisierte Laden etwas weiter wirkte plötzlich all zu verlockend. Eine andere lokale Fastfoodkette, für uns aber nur kalte Cola und einen Besuch der Toilette — Boxenstopp für die weitere Suche nach Moskitoschutz. Mit kühlen Kopf war dann auch plötzlich der Supermarkt da, wo das App so überzeugt war ihn zu lokalisieren. Also entweder wurde der schnell in hingebaut oder wir waren einfach zu blind. Allerdings gab es auch in diesen mehrstöckigen, engen Gängen nicht das, nach dem wir suchten.
Der Markt war gegenüber, die Straße nicht so einfach überquerbar. Der Umweg führt uns in eine andere Welt. Ein modernes Kaufhaus, wie es überall stehen könnte. Hier ist aber nur ein unendlich irrer Kontrast. Gerade eben noch an den unzähligen Strassenständen vorbei, das quirlige Leben in Höchstform und eine Rolltreppe später klimatisierte Markenläden. Äußerst schräg. Zugegebenermaßen aber wohl das was wir brauchten, auf unserer Suche nach dem Insektenschutz. Die Apotheke im Untergeschoss hatte gleich eine ganze Auswahl an verschiedenen Mittelchen und sogar Antiallergika.
Nebenan war der Markt und das erste Mal, dass wir andere Touristen in nennenswerter Menge zu sehen bekamen. Eindrucksvoller und in Zahl überlegen waren allerdings die Kindernonnen, die sich in langer Kette singend durch alle Marktreihen schlängelten. Sie erbaten mit ihren Sammelschüsseln um Reisspenden für das Kloster. Zumindest hatten wir das später erfahren. Im Markt ergattert Mephy noch ein Schirmchen und Etti einen Geldbeutel, denn Dollarscheine dürfen auf keinen Fall geknickt werden oder gar schlimmer beschädigt werden. Mephy’s Plan mit dem Schirm war durchaus auch Schatten. Vielleicht ein bisschen beeinflusst von Burns, wo man das durchaus öfter sieht. Das neu erstandene Schirmchen wurde dann auch gleich dafür eingesetzt. Sehr zur Freude der Einheimischen, die fanden das nämlich äußerst witzig. Vermutlich nicht nur, weil die Schattenausbeute nicht besonders riesig war.
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Zum Flughafen braucht man mit dem Taxi ne knappe Stunde. Check-In war easy, noch ne Kleinigkeit zu Essen und ab zum Gate. Wie genau das mit den drei Türen funktioniert ist Nebensache, der Bus bringt uns zum Flugzeug und einer Überraschung. Es ist das modernste und komfortableste, das wir bisher hatten. Kaum ein halbes Jahr alt, super bequem, nicht zu kalt, einfach ein Traum. Leider aber auch nur für knapp 50 Minuten. Am Mandalay Flughafen werden wir das erste Mal belagert, von einem Dutzend Taxivermittlern, und den Angestellten kann man vertrauen. Hehe, den Satz müssen wir uns merken „You can trust me, I’m staff“
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Es ist Silvester und auf die Suche danach machen wir uns. Der Reiseführer ist keine große Hilfe, also versuchen wir es einfach mal auf die alt bewährte Methode: rausgehen und laufen. Ein grobes Ziel hätten wir auch, den Nightmarket. Da soll es was zu Essen geben, nur muss der auch erstmal gefunden werden.
Diese Stadt ist eindeutig anders. Die Straßen breiter, die Gehwege auch, aber nicht das sonst schon gewohnte Getümmel. Vergleichsweise leer ist es an den Straßenrändern. Und jetzt fällt besonders auf, dass es in Yangon keine Motorräder gab. In Mandalay sind sie eindeutig die Mehrzahl. Durch den Hauptbahnhof, vorbei an dunklen Ecken und einsamen Karaokebars laufen wir durch die Stadt. Irgendwo da hinten müsste der Nachtmarkt sein, vielleicht noch 2-3 Straßen. Oder doch mal da links schauen? Irrwege führen uns an’s Ziel. Am Ende der Straße war Licht zu sehen, neon-beleuchtete Stände.
Etwa einen Block lang waren verschiedenste Stände aufgebaut. Die meisten haben uns nicht viel interessiert, wir hatten Hunger. Aber was nehmen wir nur? Die Auswahl an Spiesschen hat sich zu Yangon deutlich unterschieden. Es waren eher Innereien, die in Reih und Glied aufgesteckt waren. Unser Silvesterdinner fiel daher auch auf etwas anderes. Töpfe voller unbekanntem Inhalt, aber einzelne Wörter halfen zumindest den groben Ursprung einzugrenzen. Unsere Wahl viel auf Goat, also Ziege. Dazu wird Reis, Salat, Suppe und eine Unzahl an verschiednenen Schüsselchen gereicht. Was man mit was isst, wird uns bestmöglich gezeigt. Die Schüsselchen mit Soßen sind nämlich für den Salat und nicht den Reis. Die Freunde der Köchin, uns zu beobachten lässt sich wohl am ehesten mit einem Weißwurstmassaker vergleichen. Alles in allem war vor allem der Ziegeneintopf sehr lecker, allerdings nicht all zu viel.
Dann aber mal weiter, schließlich ist es Silvester, da wäre was Trinken ganz nett. Nichts gegen die schon gewohnten Plastikstühlchen mit vorbeizuckelnden Autos im Rücken, aber es hätte noch ein gewisses Verbesserungspotenzial. Abgesehen vom Nachtmarkt ist hier allerdings nicht wirklich viel los. Während dem Essen ist es eher noch ruhiger geworden. Ein paar Tee-Läden, aber sonst nichts wo es zumindest ein Bierchen geben würde. An sich wäre auch ein Taxi ganz cool, aber irgendwie gibt’s hier rein gar nichts mehr. Die Bürgersteige im Viertel und gefühlt der ganzen Stadt sind hochgeklappt. Zu Fuß machen wir uns in Richtung Palastmauer auf, dort könnte ja vielleicht noch etwas los sein. Die ist auch nicht ganz kurz, ein Quadrat mit je 2 Kilometer Seitenlänge. Hübsch sieht sie aus, so beleuchtet. Und irgendwann werden es auch immer mehr Leute. Vor allem die Jugend und teilweise schon mit den ersten Bier und Musik. Bei der Hälfte ist es dann ein regelrechtes Gedränge. Der Grund ist schnell zu entdecken, eine der Palastfontänen ist beleuchtet und macht eine Show die Las Vegas gerecht wäre.
Fehlt nur noch Bier, das muss auch irgendwoher zu bekommen sein. Zur Straße hin gibt es einige kleine Wägelchen, in denen das gesuchte Gut dann auch irgendwann zu finden war. Teuer, aber Hauptsache wir haben was und können uns entspannt die Wassershow ansehen. Zumindest kurzfristig, denn die Attraktion, das waren wir. Immer wieder wurden wir um Fotos gebeten. Nicht machen, sondern drauf sein. Und bei der Gelegenheit hatte sich auch der Mandarinenmann an uns angeschlichen. Der war nämlich gar nicht der Vater der motivsuchenden Mädels, sondern wollte einfach nur seine Mandarinen mit uns teilen.
22 Uhr ist noch etwas früh um zwei Stunden lang die Fontäne zu beglotzen. Also noch ein Bier, diesmal für die Hälfte, und auf die Suche nach etwas Barähnlichem mit Toilette. Das Ap, das uns zum Supermarkt brachte, hatte einen Paradise Beergarden im Angebot. Das klang zumindest so, als könnte es richtig sein. Während am Palastgraben zwar viel los war, gab es sonst nichts weiter. Einen Kilometer später war dann da tatsächlich ein Biergarten, Toiletten und zwei Franzosen zwischen all den Birmanen. Interessanter war aber die Family am Nachbartisch. Wir waren mal wieder die Attraktion und Fotomotiv. Der nett fragende Sithu Anfang 20 wurde prompt von seiner Mutter übertrumpft. Die Folge waren eine Menge Fotos.
Zeit, zu handeln und etwas für die Fotos zu bekommen. Mephy versuchte an WLAN zu kommen. Etti hatte sich schon einen gehörigen Vorsprung auf Swarm erarbeitet. Da muss doch was gehen. Der Sohn hatte allerdings kein Volumen mehr und die Mutter trickste Mephy einfach aus. Nix war’s.
Um viertel vor Zwölf gab es das letzte Bier zu bestellen, ein kleines bisschen Feuerwerk hinter der Mauer, längere Gespräche mit den beiden Franzosen und um halb zwei irgendwie nach Hause. Aber wie? Taxis gab es jedenfalls immer noch nicht. Höchstens vielleicht ein Scootertaxi, wobei selbst die nicht zu sehen waren. Wir verabschieden uns von den Franzosen und machen uns zu Fuß auf den 3km langen Heimweg. Zwischendurch lassen wir uns von einem Scooter mitnehmen, was sich leider aber nicht als die allerbeste Idee rausstellt. Aber wenigstens ein gutes Stück weniger laufen. Darauf ein Bier und ab ins Hotel, WLAN und kölsches Dinner for One.